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Neuartige Messmethode zur Bestimmung des Vernetzungsgrads von Flüssigsilikonkautschuk in Spritzgießverfahren

Kurzfassung

Methode zur inline Messung des Vernetzungsgrads von Flüssigsilikonkautschuk in Spritzgießverfahren durch Messung und Analyse des Werkzeuginnendrucks.

Vorteile

  • Auswertung und Dokumentation des Prozesses für Qualitätssicherung und -management
  • Gesteigerte Ausbringung durch deutliche Reduktion der Zykluszeiten
  • Einsparung von Energie durch Reduktion der Zykluszeit
  • Einfaches Anpassen des Spritzgießprozesses aufgrund von Chargenschwankungen, Materialwechsel, geänderte Herstellbedingungen.
  • Rechtssicherheit des verarbeitenden Unternehmens: Archivierung der ausgewerteten Innendruckkurven durch Einzelteilrückverfolgung für Rechtssicherheit bei Produktrückrufen, Mängeln, etc.

Anwendungsbereiche

Die Methode ist universell anwendbar in allen Spritzgießvorgängen von Flüssigsilikon-Formteilen. Vorteilhaft wirkt sich die Methode jedoch bei Bauteilen aus, bei denen die Vernetzungszeit des Flüssigsilikons besonders im Fokus steht. So ist dies beispielsweise bei Zweikomponentenbauteilen aus Thermoplasten und Flüssigsilikon der Fall. Hier muss darauf geachtet werden, dass ein Thermoplast-Vorspritzling den hohen Werkzeugtemperaturen zur Vernetzung des Silikons so kurz wie möglich ausgesetzt ist, um Materialschädigungen oder geometrische Einbußen zu unterbinden. Mit der Erfindung kann des Zweikomponentenbauteil direkt nach Feststellung der vollständigen Vernetzung des Flüssigsilikons ausgeworfen werden und die Thermoplast-Komponente ist der hohen Werkzeugtemperatur nur so kurz wie nötig ausgesetzt. Des Weiteren ist die Erfindung besonders im für Produkte relevant, für die kein nachgelagerter Temper-Vorgang vorgesehen ist. Hier muss zu jeder Zeit gewährleistet werden, dass ein Silikonbauteil zu 100 Prozent vernetzt ist. Durch die Erfindung kann dies bereits während dem Herstellungsprozess nachgewiesen werden.

Hintergrund

Flüssigsilikonkautschuk zeichnet sich durch hervorragende Eigenschaften, wie hohe Temperaturbeständigkeit, sehr gute Kälteflexibilität, hervorragende Alterungsbeständigkeit, ausgezeichnete elektrische Isoliereigenschaften, hohe Beständigkeit gegenüber Chemikalien sowie eine hohe Reisdehnung aus. Entsprechend vielfältig sind die Einsatz- und Verwendungsmöglichkeiten dieses Kunststoffs, insbesondere in der Automobil- und Elektroindustrie. Aufgrund der hohen physiologischen Verträglichkeit kommt Flüssigsilikonkautschuk aber auch in vielen Produkten und Formteilen in der Pharmaindustrie und der Medizintechnik zur Anwendung. Hergestellt werden diese in ihrer Form und Anwendung vielfältigen Kunststoff-Bauteile in der Regel mittels Spritzgießverfahren.

Problemstellung

Messung und Analyse des Werkzeuginnendrucks gehört zur üblichen Vorgehensweise bei der Herstellung von Spritzgießteilen aus thermoplastischen Kunststoffen. Entsprechend gibt es umfangreiche Erfahrungen zur Interpretation der Innendruckkurve für Thermoplaste. Im Vergleich hierzu gibt es kaum Erfahrungen und Wissen zur Interpretation der Innendruckkurve beim Spritzgießen mit Flüssigsilikonkautschuk. Der Grund hierfür liegt in den unterschiedlichen Abläufen der Spritzgießvorgänge. Beim Thermoplasten-Spritzgießen kühlt der heiße Kunststoff nach Einspritzen in das Formwerkzeug ab, wobei es durch Volumenschwindung zum Abfallen des Werkzeuginnendrucks kommt. Beim Spritzgießen mit Flüssigsilikonkautschuk hingegen werden die kalten Einzelkomponenten in die heiße Werkzeugform eingespritzt, wo es dann zur Vernetzungsreaktion kommt. Durch Wärmeaufnahme dehnt sich die Kunststoffmasse aus, infolgedessen der Werkzeuginnendruck zunimmt. Problematisch bei der Analyse der Innendruckkurve ist der Umstand, dass beim Übergang der flüssigen Kunststoff-Komponenten in den chemisch vernetzten Feststoff die Packungsdichte der Moleküle und damit auch die Dichte ändert, so dass der Druck während des Phasenübergangs nicht kontinuierlich ansteigt.

Lösung

An der Hochschule Esslingen ist es in einem von der Baden-Württemberg-Stiftung gGmbH geförderten Projekt gelungen die oben beschriebene Problematik zu überwinden und eine zuverlässige und aussagekräftige Analysemethode zur Auswertung des Werkzeuginnendrucks bei Flüssigsilikonkautschuk-Spritzgießvorgängen zu entwickeln. Hierbei wird der Werkzeuginnendruckverlauf während des Produktionsvorgangs gemessen und mittels mathematischer Verfahren analysiert. Auf diese Weise ist es möglich Informationen über die Vernetzungsreaktion innerhalb der Werkzeugform in Echtzeit zu erhalten. Auf diese Weise können bestehende Produktionsprozesse hinsichtlich Zykluszeit und Energieverbrauch optimiert, Schwankungen ausgeglichen und die Qualität gesichert und überprüft werden. Darüber hinaus kann mit der Methode die Abhängigkeit der Prozessführung vom Wissen und vor allem von der Erfahrung des Anwenders sowie von Lehrbuch-Werten entkoppelt und standardisiert werden. Damit ist es möglich, die Zykluszeit so zu optimieren, dass die Vernetzungsreaktion vollständig ablaufen kann, ohne hierbei durch Unkenntnis des Prozesses  - wie derzeit üblich - unnötigen Sicherheitszeiten aufschlagen zu müssen. 

Eine beispielhafte Analyse des Vernetzungsverhaltens im Werkzeug konnte im Projekt SnakeSkin durchgeführt werden. Hier wurde am Beispielbauteil mit Stangenanguss bei einer Werkzeugtemperatur von 180°C stets mit einer Heizzeit von 60 Sekunden gearbeitet. Die Analyse des Werkzeuginnendrucks unter Verwendung der neu entwickelten Methode ergab, dass das Bauteil jedoch bereits nach ca. 32 Sekunden vollständig vernetzt war und ausgeworfen werden konnte. Dies entspricht einer Einsparung von 28 Sekunden oder 46,7%.

Flüssigsilikonkautschuk-Formteile mit strukturierter Oberfläche aus Mikro- und Nanostrukturen (hergestellt im Rahmen des SnakeSkin-Projekts).
Flüssigsilikonkautschuk-Formteile mit strukturierter Oberfläche aus Mikro- und Nanostrukturen (hergestellt im Rahmen des SnakeSkin-Projekts).

Publikationen und Verweise

Dennis F. Weißer et al., Novel approach to characterize the cross-linking effect of liquid silicone rubber via cavity pressure analysis during injection molding. Journal of Applied Polymer Science, 2022.https://doi.org/10.1002/app.53381

 

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Entwicklungsstand
TRL5
Patentsituation
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Referenznummer
21/073TLB
Service
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