Verfahren zur Erzeugung von auf die zerspanende Nachbearbeitung optimierten Strukturen im Pulverbett-basiertem Metall-3D-Druck
Kurzfassung
LPBF-Verfahren zur Erzeugung poröser Strukturen für die schonende spanende Nachbearbeitung von komplexen Bauteilen mit dünnwandigen und filigranen Strukturen.
Vorteile
- Ermöglicht spanende Nachbearbeitung von additiv gefertigten Bauteilen
- Erleichterung der Nachbearbeitung von Oberflächen um dadurch eine gute Überflächengüte zu erreichen
- Erleichterung beim Entfernung von Stützstrukturen
- Erleichterung bei der Herstellung graziler, fragiler Bauteile, welche mittels herkömmlichen Methoden der Nachbearbeitung oft zerstört/beschädigt werden
Anwendungsbereiche
Dünnwandige und filigrane Bauteile, wie z.B. topologieoptimierte Bauteile, die spanend nachbearbeitet werden müssen. Mögliche Anwendungsgebiete sind Bauteile aus Luft- und Raumfahrt, Automotiv, Werkzeugbau, Werkzeug-maschinebau aber auch Medizintechnik. Beispiele sind Wärmetauscher, Fahrradgabel, Implantate und weitere.
Hintergrund
Die nachträgliche zerspanende Bearbeitung von additiv hergestellten (AM) Metallteilen ist oftmals für funktionale Oberflächen und Passgenauigkeit notwendig. Diese Nachbearbeitung erfolgt derzeitig auf Basis von Jahrzenten an Erfahrungen aus der Zerspanung von konventionellen Bauteilen. Mit der Gestaltungsfreiheit von AM ist es nun möglich, die Rahmenbedingungen für den Zerspanungsprozess lokal begrenzt zu beeinflussen und damit die Schnittbedingungen gezielt zu verbessern. Insbesondere Pulverbett-basierte (PBF)-Verfahren bietet hierfür vielfältige Steuerungsmöglichkeiten.
Problemstellung
Additive Verfahren, insbesondere pulverbettbasierte 3D-Druckverfahren (wie z. B. Laser Powder Bed Fusion (LPBF)-Verfahren) sind vergleichsweise kostenintensiv. Die damit herzustellenden Bauteile sind daher meist hochoptimiert und weisen oftmals dünnwandige und bionische Strukturen auf, insbesondere bei Hochleistungsbauteilen aus der Luft- und Raumfahrt und anderen anspruchsvollen Industrien. Aufgrund der mit dem LPBF-Verfahren teilweise nicht ausreichend erreichbaren Oberflächengüten und Passgenauigkeiten, z. B. bei der Herstellung von Funktionsflächen wie Dichtsitze oder Führungsflächen, sind oftmals spanende Nachbearbeitungsschritte notwendig. Zudem werden im LPBF-Prozess oftmals Stützstrukturen benötigt, die ebenfalls entfernt werden müssen. Üblicherweise wird im LPBF-Verfahren versucht ein vollständig dichtes Material zu erzeugen um Bauteile von hoher Qualität zu erzeugen. Jedoch erschweren dichte und feste Strukturen das Entfernen von Aufmaßen und Stützstrukturen bei der spanenden Nachbereitung. Hierbei können erhebliche Prozesskräfte auf die komplexen, filigranen oder dünnwandigen Bauteil-Bereiche einwirken, was letztendlich zu Beschädigungen oder gar zur Zerstörung der Struktur bzw. des Bauteils führen kann. Darüber hinaus wirken die Kräfte auch auf die eingesetzten Werkzeuge.
Lösung
Wissenschaftler der Universität Stuttgart haben ein Verfahren entwickelt, um die oben beschriebenen Probleme zu lösen und die spanende Bearbeitung von AM-Bauteilen zu vereinfachen. Erfindungsgemäß werden hierbei die zu zerspanenden Bereiche des Bauteils in Form einer porösen Struktur ausgelegt. Diese porösen Bereiche besitzen eine verringerte Dichte im Vergleich zu den nicht abzutragenden Bereichen des Bauteils. Die poröse Struktur kann dadurch einfacher und ohne das Auftreten von hohen Prozesskräften abgetragen werden.
Erzeugt werden diese porösen Strukturen durch das Absenken der induzierten Energie während des Schmelzprozesses. Durch die entsprechende Wahl der Parameter können Dichte und Festigkeit verschiedener Bauteilbereiche gezielt eingestellt werden, um feste oder poröse Bereiche zu erzeugen.
Anhand erster Untersuchungen konnten entscheidende Vorteil der geschwächten Struktur zur Reduzierung der Bearbeitungskräfte beim Bohren und Fräsen aufgezeigt werden. So konnten die auftretenden Prozesskräfte beim Fräsen um bis zu 45 % reduziert werden. Beim Bohren konnten, durch die verbesserte Spanform, höher Oberflächengüten (Rz = 9,7 µm) und eine bessere Zylindrizität (< 0,09 mm) erzeugt werden. Dies hilft bei Bauteilen, die hohen Bearbeitungskräften nicht standhalten können, und gibt mehr Freiheit für das Design und die Nachbearbeitung von optimierten Komponenten. Es ist besonders vorteilhaft für die anspruchsvolle Bearbeitung von hochmodernen AM-Komponenten.
Publikationen und Verweise
C. Maucher et al., Journal of Production Engineering 2021, Improving machinability of additively manufactured components with selectively weakened material