TLB-Symposium: Kommerzialisierung von Forschungsergebnissen – quer gedacht

04.11.2008 – Querdenken als Instrument für Innovation

Als erfolgreicher Vorreiter für die Verwertung von Hochschulerfindungen in Deutschland möchte die TLB GmbH auch weiterhin den Technologietransfer katalysierend und steuernd mit entwickeln. “Innovationen entstehen vor allem in Netzwerken, und TLB als Knotenpunkt in diesem Netzwerk hat die Aufgabe eine Zukunft für gute Ideen und Erfindungen zu erschließen“, so Geschäftsführer Prof. Dr. Arno Basedow. Um hier ein praktisches Zeichen zu setzen, veranstaltete TLB am Vormittag der Feier zum 10-jährigen Bestehen als GmbH das hochkarätig besetzte Symposium „Kommerzialisierung von Forschungsergebnissen – quer gedacht“. Zur Sprache kamen die unterschiedlichen Sichtweisen von Innovation und deren Kommerzialisierung in verschiedenen Ländern.

Focus auf Problemlösung
Dr. Rolf Müller brachte in das Symposium die amerikanische Sichtweise ein und traf damit den Unternehmernerv. Der deutsche Biologe lebt in San Diego und gründet seit 15 Jahren sehr erfolgreich mehrere Unternehmen. Seine derzeitige Firma Biomatrica bietet ein Verfahren an, das die Stabilisierung von biologischen Produkten und Reagenzien bei Raumtemperatur möglich macht. Diese ersetzt die standardmäßige und energieintensive Lagerung in einem Kühlsystem bei -80°C. – Biomatrica ist kalifornisches Beispiel dafür, dass Umweltschutz und ein erfolgreiches Businessmodell sich keinesfalls ausschließen.

In seinem Vortrag spitzte Dr. Müller die Unterschiede in der Lebens- und Karriereplanung zwischen Europa und den USA zu: „In Europa heißt die persönliche Herausforderung, innovativ genug zu sein, um eine Anstellung zu finden. In den USA hingegen ist das Ziel, innovativ genug zu sein, um sein eigenes Unternehmen zu gründen.“ In Europa würde Forschung betrieben, um etwas herauszufinden, im Unterschied zu den USA, wo es darum gehe, ein bestimmtes Problem zu lösen. Der Wissenschaftler gehe in den USA bewusst ein Risiko ein und setzt dabei seine eigenen Gedanken, seine Forschung und sein Wissen ein, um eine Firma zu gründen und erfolgreich zu sein.

Als weiteren wesentlichen Unterschied nannte Dr. Müller die Finanzierungsmöglichkeit eines Gründungsunternehmens. In den USA laufe die Finanzierung vorwiegend über Business Angels und Venture-Capital-Geber. Und es seien schließlich die Wissenschaftler selbst, die den Finanzierungsprozess voranbrächten. Eine hervorragende Unterstützung hat Dr. Müller über das  Beratungszentrum Connect in San Diego erhalten (mehr dazu in: „Ernten und säen“, brand eins, 09/2007).


In Deutschland haben wir den entscheidenden Vorteil, dass neben privatem Kapital auch auf öffentliches Kapital zurückgegriffen und beides miteinander kombiniert werden kann. Prof. Dr. Basedow hierzu: „Die Lösung großer technischer Herausforderungen kann heutzutage nur im Schulterschluss zwischen öffentlich geförderter Forschung und unternehmerischer Innovation erbracht werden.“
 

Ineinandergreifende Strukturen, Unternehmer-Coaches und der richtige Ort

Prof. Dr. Michael Berthold, Universitätsprofessor an der Universität Konstanz, formulierte im Symposium, worauf es ihm als als Ausgründer ankommt. Er fand in der Förderagentur für Innovation KTI/CTI in der Schweiz ein funktionierendes System, das ihn in seinem Streben, sich aus seinem Forschungsgebiet „Data Mining“ heraus selbstständig zu machen, auch effizient unterstützte. Hier hatte er erstmals das Erlebnis „nicht Bettler, sondern ein Gründer zu sein, den es sich lohnt zu unterstützen.“

Dr. Martin Bopp, Ressortleiter der Gründerförderung  CTI Start-up, stellte den Service von KTI/CTI im Symposium ausführlich vor. Kernpunkt des Schweizer Modells ist, dass durchweg nur Coaches tätig sind, die parallel selbst eine Firma erfolgreich betreiben. Prof. Berthold gab sich davon beeindruckt: „Es sind Leute mit echter Erfahrung, die wissen wovon sie reden. Das ist ein unschätzbarer Vorteil dieses Systems. Einer weiß vom anderen und kann entsprechend weitervermitteln.“

Die Schweiz hat auch die Bedeutung des Standortes für ein Start-up erkannt und agiert hier sehr offen. Für den Fall, dass das eigene Land als optimaler Standort zu klein erscheint, betreibt die Schweiz vier Inkubatoren im Ausland (swissnex). Bereits seit 2004 haben Teilnehmer des CTI Start-up-Programms Zugang zum Inkubator in San Francisco.


Gute Konzepte entwickeln

Podiumsgast Prof. Dr. Håkan Engqvist stellte seine sehr erfolgreich arbeitende Transferstelle an der Universität Uppsala vor, die sich durch Partnerschaftsbeiträge von Unternehmen finanziert. Der Mehrwert, den Prof. Engqvist anderen Professoren und Forschern bietet, ist Information und Verknüpfungen „aus höherer Warte“. Aufgrund seiner Position als Vermittler blickt er mit einer Weitwinkelperspektive auf die Vielfalt von Forschungsgebieten und Wirtschaftsbranchen, die über die begrenzte Sicht von Einzelnen – seien es Professoren oder Unternehmen – weit hinausgeht. Grundlage seines „vernetzten Querdenkens“ ist ein softwaregestützes Informationssystem, das bemerkenswerterweise in Karlsruhe von der AVEDAS AG entwickelt wurde. Das System macht neue stimulierende Verknüpfungen für Forschungskooperationen und Innovationsprozesse sichtbar. Es unterstützt so die menschliche Kreativität im Erkennen und Umsetzen von Businesslösungen in Netzwerken. Denn, wie es Prof. Engqvist formuliert: „Business or industry is not interested in ingredients – they want to see the menu!“ Gemeint ist damit das unternehmerische Konzept, das Gestalt um die Erfindung herum annehmen muss.


Erfolgreich Clustern

TLB ist als Transferschnittstelle ebenfalls auf dem besten Wege, sich vom reinen Technologieanbieter zum Lösungsanbieter für Unternehmen und Entrepreneuere zu entwickeln. In der Zukunft geht es verstärkt darum, Business-Konzepte zu gestalten, die mit Kreativität Neues entstehen lassen, indem sie das zahlreiche Einzelne zu einem größeren Ganzen zusammenführen. Hierfür baut TLB seine Arbeit in Netzwerken bzw. Clustern weiter aus.
 

In der Clusterarbeit sieht Moderator Klaus Haasis, selbst Netzwerkspezialist, „ein Zukunftsmodell gerade auch im Kontext von Patenten und Kommerzialisierung“. Im besten Fall führt das Clustern zur Triple-Helix, zur engen Verschränkung zwischen den drei Bereichen Wirtschaft, Hochschulen und öffentlichem Sektor. So lässt sich dann vielleicht auch die Förderlücke schließen, die Ministerialdirigent Dr. Knorr vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg auf der Festveranstaltung nach dem Symposium formulierte: „Wer finanziert den Prototyp und die weiteren Schritte bis klar ist, wohin die Reise geht?“ Das ganze Forschungssystem habe darauf bis jetzt noch keine Antwort gefunden.