Permanente Oberflächenfunktionalisierung durch Bindungs-Multiplikation mittels Quat-Primer-Polymeren
Kurzfassung
„Q-Primer“ sind monomeraktive Ammoniumverbindungen, die es in Form einer Grundierung ermöglichen, praktisch jede Oberfläche permanent zu funktionalisieren. Es handelt sich um ein umweltfreundliches und kostengünstiges Verfahren, das die Herstellung ultra-dünner Schichten und eine Funktionalisierung „on demand“ ermöglicht. Die Trägersubstanz des Primers kann mit beliebigen funktionellen Gruppen ausgerüstet werden, sodass nun eine universell einsetzbare Strategie zur Modifizierung von Oberflächen zur Verfügung steht.
Hintergrund
Der Bedarf an permanent funktionalisierten Oberflächen ist ähnlich groß wie das potentielle Anwendungsgebiet der hier vorgestellten Erfindung. Die Funktion vieler Materialien wird von den Eigenschaften ihrer Oberflächen und Grenzflächen bestimmt. Typische Eigenschaften, die durch Funktionalisierung erreicht werden, sind Benetzungsfähigkeit und Haftung, die Kompatibilisierung von Hybridmaterialien, die Veredelung von Textilien oder bspw. auch die Herstellung von Biokompatibilität.
Problemstellung
Die allermeisten funktionalen Beschichtungen sind heutzutage von maßgeschneiderten Hilfsmitteln und individuellen Beschichtungsstrategien abhängig. Diese erfordern häufig große Mengen organischer Lösemittel und sind nur durch komplexe chemische Reaktionen herzustellen. Folglich existiert eine schier unüberschaubare Zahl von chemischen Hilfsstoffen und Beschichtungstechnologien, um unterschiedlichste Anforderungen zu erfüllen. Bis jetzt fehlt eine universell einsetzbare Strategie, Oberflächen permanent zu modifizieren bzw. zu funktionalisieren.
Lösung
Forscher am Leibniz-Institut für Interaktive Materialien e.V. (DWI) fanden eine innovative Möglichkeit, Oberflächen unabhängig von ihren Eigenschaften permanent zu funktionalisieren. Quat-Primer-Polymere bestehen aus einer makromolekularen Trägersubstanz, die mit beliebigen funktionellen Gruppen ausgestattet werden kann. So ist eine starke Bindung des Moleküls mit Oberflächen jeden Typs und jeder Reaktivität möglich. Die hohe Stabilität des Primers erlaubt eine Funktionalisierung auch nach langen Lagerzeiten und sorgt durch Bindungsmultiplikation für dauerhaft stabile Beschichtungen. Das ist besonders für Einsatzzwecke interessant, bei denen später nicht nachgebessert werden kann, wie bspw. bei Endoprothesen oder fertigen Verbundstrukturen. Andere Beispiele sind eine antimikrobielle, hydro- und oligophobe oder -phile Ausrüstung, sowie die Herstellung besonderer Funktionalitäten wie Selbstreinigung oder -heilung.

Vorteile
- Universell einsetzbares, einfaches, umweltfreundliches & kostengünstiges Verfahren zur permanenten Anbindung funktionaler Schichten
- Auf praktisch allen Materialien anwendbar
- Ultra-dünne, multifunktionale Schichtsysteme
- Primer wasserlöslich
- Funktionalisierung nach Bedarf
- Einfache und kostengünstige Applikation, lässt sich auch in bestehende Prozesse integrieren
Anwendungsbereiche
Die hier vorgestellte Technologie ist universell einsetzbar und beispielsweise in der Lage, die Faser-Matrix-Haftung dauerhaft zu optimieren. In Verbundmaterialien dienen Fasern der Verbesserung mechanischer Eigenschaften von Polymeren. Eine charakteristische Schwachstelle solcher Verbunde ist die Grenzfläche zwischen Faser und Polymermatrix. Unter Spannungszuständen kommt es zur Delamination und damit zum Bau¬teilversagen. Mit Quat-Primer-Polymeren beschichtete Fasern sind der Matrix gegen¬über reaktiver und es kann eine sichere Verbindung zwischen den unterschiedlichen Materialien hergestellt werden, ohne auf kostspielige Vorbehandlung der Fasern oder chemische Zusätze zurückgreifen zu müssen.