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Ultraleichtbau mit adaptiven Tragwerkselementen – Ökonomisch, ökologisch und sicher Bauen

Kurzfassung

Gleich zwei Erfindungen zur Integration in Tragwerke ermöglichen besonders schlanke Bauformen bei hoher Sicherheit. Der Querschnitt tragender Elemente lässt sich durch die Integration von Aktoren signifikant reduzieren, ohne dabei an Schwingfestigkeit einzubüßen. Das Einsparpotenzial für Material und Emissionen beträgt zwischen 30 und 50 % und das Baukonzept bietet ganz neue architektonische Freiheiten.

Hintergrund

Bauten müssen ihrem Standort entsprechend ausgelegt werden. Möchte man ein sehr hohes, schmales Gebäude, oder auch eines in einer erdbeben-gefährdeten Region errichten, so ist bisher ein hoher Materialaufwand bzw. zusätzliche Tragwerkselemente notwendig, um die dynamischen Lasten abzutragen, bzw. den kritischen Lastfall abzubilden. Diese klassische Bauweise steht zunehmend im Kontrast zur globalen Notwendigkeit effizienterer Ressourcennutzung.

Problemstellung

Um bei Gebäuden und anderen Tragwerken für alle möglichen Lastfälle die erforderliche Sicherheit zu gewährleisten, werden die passiven Strukturen i.d.R. auf den maximal anzunehmenden (kritischen) Lastfall ausgelegt. Im Lebenszyklus eines durchschnittlichen Gebäudes tritt der maximale Lastfall nur äußerst selten, manchmal gar nicht ein. Ein langfristig zuverlässiges System, das immer dann aktiv wird, wenn sich die statischen oder dynamischen Bedingungen ändern und damit eine materialsparende Bauweise ermöglicht, war bisher nicht verfügbar.

Lösung

In einem DFG-geförderten Projekt entstand an der Universität Stuttgart ein neuartiges Konzept für aktive, adaptive Tragwerkselemente, die zukunftsorientierte Leichtbau-Konstruktionen realisierbar machen, ohne dabei deren Sicherheit herabzusetzen. Dabei werden Aktoren in die Tragstruktur integriert. Die aktiven Elemente werden parallel bzw. diagonal zu passiven Strukturen ins Tragwerk integriert um punktuelle Spannungsspitzen abzufangen bzw. das Lastabtrags-Verhalten manipulierbar zu machen. Eine Aktorik-Baugruppe setzt sich aus dem aktiven Element sowie Zugankern und Zugelementen zusammen. Dabei können je nach Konfiguration direkt wirkende Zug-Aktoren oder indirekt (über Umlenkungselemente) wirkende Druck-Aktoren realisiert werden. Die Zuganker können im passiven Zustand der statischen Vorspannung dienen, womit zusätzliche Elemente für diesen Zweck ebenfalls entfallen.
Durch die strategische Ergänzung solcher Baugruppen in ein auf die rein statischen Lasten (Eigengewicht) ausgelegtes Tragwerk entsteht eine Leichtbaukonstruktion, die in der Lage ist, dynamische Lastfälle sowie auch statische Änderungen aktiv auszugleichen, indem jedes Element je nach Belastungszustand Zug- oder Druckkräfte ausübt, bzw. ableitet. Dies geschieht automatisiert durch die Kombination mit entsprechender Sensorik und einer Steuereinheit. Die Aktoren können bspw. in Form von Hydraulik- oder Pneumatiksystemen, Linearantrieben oder piezoaktiven Elementen realisiert werden.
So lässt sich der Materialaufwand und damit das Gesamtgewicht von Bauwerken künftig signifikant reduzieren, sowie gleichzeitig auch der Entsorgungsaufwand. Durch die Dämpfung sämtlicher Schwingungen kann die Lebensdauer der tragenden Strukturen zusätzlich signifikant erhöht werden.
Zu Versuchs- und Demonstrationszwecken für zukunftsorientiertes Bauen entsteht derzeit an der Universität Stuttgart ein Gebäude, in das einige neue Systeme wie auch die adaptiven Strukturen integriert werden (Bild 1).

Bild 1: CAD-Modelle einer Tragstruktur mit integrierten Aktoren in den Diagonalstreben (li.) und des 36,5 m hohen Demonstrator-Turms der Universität Stuttgart (re.).
Bild 1: CAD-Modelle einer Tragstruktur mit integrierten Aktoren in den Diagonalstreben (li.) und des 36,5 m hohen Demonstrator-Turms der Universität Stuttgart (re.).

Vorteile

  • Durchgehend homogene Spannungsverläufe durch Echtzeit-Regelung des Sensor-Aktor-Systems
  • Keine zusätzlichen Elemente für Vorspannung notwendig
  • Unbegrenzte Skalierbarkeit
  • Erheblich reduzierter Materialaufwand bei gleicher Stabilität
  • Leichtbau-Konstruktionen mit Ressourceneinsparung von ca. 30-50 % durch Vermeidung von Überdimensionierung

Anwendungsbereiche

Die beschriebenen aktiven Tragwerkselemente eignen sich insbesondere für umweltfreundliche Leichtbaustrukturen, sehr hohe Bauwerke oder Bauwerke in Gebieten mit dynamischen Lastfällen, wie Erdbeben, starken Windböen etc.

Publikationen und Verweise

https://www.tlb.de/presse-news/presse-news-artikel/oekonomisch-oekologisch-und-sicher-bauen-dank-ultraleichtbau-mit-adaptiven-tragwerkselementen

Veröffentlichungen zur Eröffnung des Demonstrator-Hochhauses:

https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/stuttgart/adaptives-hochhaus-in-stuttgart-vorgestellt-100.html

https://sz.de/dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-211005-99-489826

Projektseite zur International Building Exhibition 2027 Stadt Region Stuttgart: Adaptives Demonstrator-Hochhaus – Adaptive Demonstrator High-Rise Building:
https://www.iba27.de/en/projekt/adaptives-demonstrator-hochhaus-adaptive-demonstrator-high-rise-building/

Seite des Sonderforschungsbereichs 1244 der Universität Stuttgart zum Demonstrator-Hochhaus:
https://www.sfb1244.uni-stuttgart.de/demonstrator/

 

Publikationen der Erfinder zum Thema:

-          Methode zur dezentralen Regelung von Tragwerken:
J. L. Wagner, M. Böhm and O. Sawodny, "Decentralized structural control using Craig-Bampton reduction and local controller design," 2020 IEEE International Conference on Industrial Technology (ICIT), Buenos Aires, Argentina, 2020, pp. 41-46, doi: 10.1109/ICIT45562.2020.9067158

-          Studie zur Aktorplatzierung hinsichtlich der Homogenisierung von Lasten:
M. Böhm, J. Wagner, S. Steffen, W. Sobek and O. Sawodny, "Homogenizability of Element Utilization in Adaptive Structures," 2019 IEEE 15th International Conference on Automation Science and Engineering (CASE), Vancouver, BC, Canada, 2019, pp. 1263-1268, doi: 10.1109/COASE.2019.8843066

-          Methode zur Aktorplatzierung bei statischen Lasten und Zusammenhang zwischen Bauingenieurwesen und Regelungstechnik:
Wagner, J., Gade, J., Heidingsfeld, M., Geiger, F., von Scheven, M., Böhm, M., Bischoff, M., & Sawodny, O. (2018). On steady-state disturbance compensability for actuator placement in adaptive structures, at - Automatisierungstechnik, 66(8), 591-603, doi: https://doi.org/10.1515/auto-2017-0099

-          Artikel zum Demonstrator-Hochhaus:
Weidner, S., Kelleter, C., Sternberg, P., Haase, W., Geiger, F., Burghardt, T., Honold, C., Wagner, J., Böhm, M., Bischoff, M., Sawodny, O. and Binz, H. (2018), “The implementation of adaptive elements into an experimental high-rise building”. Steel Construction, 11: 109-117, doi: 10.1002/stco.201810019

 

Exposé
Kontakt
Dipl.-Ing. Emmerich Somlo
TLB GmbH
Ettlinger Straße 25
76137 Karlsruhe | Germany
Telefon +49 721-79004-0
somlo(at)tlb.de | www.tlb.de
Entwicklungsstand
Validierung / TRL4
Patentsituation
DE 102018214342 A1 (18/032TLB) und
DE 102018218260 A1 (18/072TLB) anhängig
Referenznummer
18/032TLB & 18/072TLB
Service
Die Technologie-Lizenz-Büro GmbH ist mit der Verwertung der Technologie beauftragt und bietet Unternehmen die Möglichkeit der Lizenznahme. Das System wird derzeit in ein Demonstrationsgebäude integriert.