Identifikation von „Defense Primern“ anhand der OTR – Präventive Immunstärkung für die Landwirtschaft
Kurzfassung
Das nun an der RWTH Aachen entwickelte Verfahren ermöglicht die Identifikation von Immun-Primern mittels OTR-Monitoring auf eine neue und sehr effiziente Art und Weise. Anwendungsbereiche liegen speziell im nachhaltigen Pflanzenschutz.
Hintergrund
Abiotische Stresstoleranz, Schädlings- und Krankheitsresistenz sind nach wie vor entscheidende Faktoren beim ertragreichen Anbau von Nutzpflanzen. Das sog. Abwehr-Priming, d.h. das Aufbringen von Wirkstoffen zur präventiven Stärkung des pflanzlichen Immunsystems, ist bis heute das wirksamste Mittel zur risikofreien Ertragssteigerung. In diesem Bereich können umweltfreundliche Alternativen zu Pestiziden verwendet werden. Dies sind vorzugsweise natürliche oder naturnahe Stoffe, die die pflanzliche Abwehr präventiv steigern (als einzelne Substanz oder – häufiger – als Wirkstoffkombination).
Problemstellung
Abwehr-Primer geben dem Immunsystem das Rüstzeug für künftige Angriffe, ohne die Abwehr vorab zu aktivieren; ihre Identifikation ist deshalb schwierig. Vorhandene Verfahren sind auf Modellorganismen beschränkt und ihre Ergebnisse daher nie direkt und daher nur bedingt für die Landwirtschaft nutzbar.
Lösung
Entstanden ist dieses Verfahren im Rahmen eines von der Exzellenzinitiative und der Hans Hermann Voss-Stiftung geförderten Projekts. Grundlage war die Erkenntnis, dass beim Priming aktive Substanzen direkt nach Zugabe einen erhöhten Stoffwechsel der Zellen hervorrufen. Damit geht oft die Synthese von reaktiven Sauerstoffarten einher; einem bekannten Mediator von pflanzlichen Abwehrreaktionen. Deshalb kann das Priming-Potenzial von potenziellen Wirkstoffen anhand einer erhöhten Sauerstofftransferrate (OTR – oyxgen transfer rate) beschrieben werden, da Sauerstoff bei fast allen metabolischen Prozessen verbraucht wird. Das dazu nötige Monitoring ist durch das bereits am Markt erhältliche System RAMOS (respiratory activity monitoring system) möglich.
Das System ist hochdurchsatzfähig und eignet sich auch für Human- und Tierzellen. Deshalb ist das Verfahren auch für die präventivmedizinische Wirkstoffidentifikation von Bedeutung.
Vorteile
- Umweltfreundliche Pflanzenschutzmittel schnell & zuverlässig identifizieren
- Test an ganzen Pflanzen oder mit Zellkulturen
- Unabhängig vom Zelltyp
- Simultane Erfassung weiterer zellphysiologischer Parameter möglich (Ethylenfreisatz, …)
- Auffinden von natürlichen und naturnahen Wirkstoffen im Hochdurchsatz-Verfahren
- Analyse von Einzelsubstanzen sowie Wirkstoffkombinationen möglich
Anwendungsbereiche
Das an der RWTH Aachen entwickelte Verfahren ermöglicht das Auffinden von Substanzen, die das Abwehr-Priming auf eine neue, sehr effiziente Art und Weise induzieren. Anwendungsbereiche liegen primär im nachhaltigen Pflanzenschutz.
Publikationen & Verweise
Schilling, J.V., Schillheim, B., Mahr, S. et al.
"Oxygen transfer rate identifies priming compounds in parsley cells".
BMC Plant Biol 15, 282 (2015).
doi.org/10.1186/s12870-015-0666-3