Rührreibschweißen ist ein noch junges und damit oftmals unbekanntes Presschweißverfahren zum Fügen von flächigen Bauteilen und Halbzeugen aus Leichtmetallen. Aufgrund der hohen erzielbaren Verbindungsfestigkeit und dem damit einhergehenden Leichtbaupotential wird der Prozess zunehmend in der Automobilindustrie, dem Maschinenbau und im Flugzeug- oder Schienenfahrzeugbau eingesetzt.
Wissenschaftler der Universität Stuttgart entwickelten nun zwei neue Verfahrensvarianten, die den Anwendungsbereich des Rührreibschweißens erheblich erweitern. Durch diese Verfahrensvarianten wird es erstmals möglich, Stahl- oder Aluminiumbleche unterschiedlicher Dicke wirtschaftlich und hochfest mit dem Rührreibschweißprozess zu fügen. So lässt sich die Werkstoffausnutzung von dünnen Stahlblechen in Aluminium-Stahl-Mischkarosserien um bis zu 100 Prozent steigern.
Im Fahrzeugbau und im Bereich Maschinenbau werden in zunehmendem Maße die beiden Werkstoffe Stahl und Aluminium gemeinsam eingesetzt. Dadurch können die Vorteile beider Werkstoffe wie z.B. die hohe Festigkeit der Stähle und die geringe Dichte von Aluminium kombiniert werden. Aufgrund der unterschiedlichen Festigkeiten der beiden Werkstoffe werden diese oftmals in unterschiedlichen Materialstärken eingesetzt. Die hochfeste Verbindung der Werkstoffe Stahl und Aluminium stellt daher ein elementares Problem der industriellen Fügetechnik dar.
Bislang werden Verbindungen zwischen artfremden Materialien unterschiedlicher Stärke durch Überlappschweißen hergestellt, da mit diesem Verfahren hohe Biegemomente und Zug-Festigkeiten erreicht werden. Dabei können jedoch störende Kanten entstehen. Darüber hinaus besteht durch die direkte Kombination von unterschiedlichen Werkstoffen und den aus der Überlappung resultierenden Spalten eine erhöhte Gefahr für Korrosion.
Mit den am Institut für Materialprüfung, Werkstoffkunde und Festigkeitslehre (IMWF) der Universität Stuttgart entwickelten Rührreibschweißverbindungen ist es möglich, Stahl- und Aluminiumbleche unterschiedlicher Dicke wirtschaftlich und hochfest zu verbinden.
Die am IMWF und der MPA Stuttgart forschenden Ingenieure und Techniker Prof. Dr. Ing. Stefan Weihe, Martin Werz, Max Hoßfeld und Oliver Volz entwickelten zwei Verfahren, mit denen erstmals unterschiedlich dicke Bleche als Stumpfstoß hochfest verbunden werden können. Die Verbindungen weisen dabei eine sehr hohe Zug- und Schwingfestigkeit auf.
Bei dem einen Verfahren wird das Stahlblech so gefalzt, dass dessen Fügequerschnitt zur Anbindung an das Aluminiumblech im Bereich der Fügezone verdoppelt wird. Hierdurch wird der Querschnitt des dünneren, festeren Bleches an der Verbindungsstelle erhöht. Dadurch kann das weichere Aluminium über seine gesamte Querschnittsfläche an den Stahl angebunden werden.
Mit dem zweiten an der Universität Stuttgart entwickelten Verfahren kann in nur einem Schweißvorgang durch ein neu entwickeltes Werkzeug eine kombinierte Überlapp- und Stumpfstoßverbindung hergestellt werden. Die resultierende Anbindungsfläche im Vergleich zu konventionellen Stumpfstoßverbindungen mehr als verdoppelt. Die vergrößerte Anbindungsfläche und die hohe Formänderungsfestigkeit des Aluminiums führen zu exzellenten statischen und zyklischen Verbindungsfestigkeiten.
Bei der Verbindung solcher automobiltypischer Werkstoffe werden mit den neuen Verfahren Festigkeiten der Fügestelle von bis zu 99,4 Prozent des Stahlbleches erreicht. Damit ermöglichen die neu entwickelten Schweißverbindungen die Einsparung von Werkstoffen und erhöhen gleichzeitig die Sicherheit der Fahrzeuginsassen bei Unfällen. Gerade im Schweißprozess erhöhen die neu entwickelten Verfahren die Wirtschaftlichkeit: sie erfordern weniger Arbeitsschritte und weniger Energie.
Neben vielen Anwendungen in der Automobilindustrie ist das Verfahren auch für die Elektroindustrie oder den Bereich der Elektromobilität interessant, weil mit dem Rührreibschweißen unter anderem auch Aluminium-Kupfer-Verbindungen möglich sind.
Die Technologie-Lizenz-Büro (TLB) GmbH unterstützt die Universität Stuttgart bei der Patentierung und Vermarktung der Innovationen. TLB ist im Auftrag der Universität mit der weltweiten wirtschaftlichen Umsetzung dieser zukunftsweisenden Technologien beauftragt. Für weitere Informationen: Dr.-Ing. Michael Ott (<link>mott@tlb.de).