Neue Erfindung verknüpft Wahrnehmung und Interaktion

Haben die Firma www.nuilab.com gegründet: Ron Jagodzinski (links) und Götz Wintergerst.

Drei Designer der Hochschule Schwäbisch Gmünd forschen über die Gestaltung berührbarer Mensch-Maschine-Schnittstellen

Die Beschäftigung mit den meisten Maschinen, mit Computern oder Fahrzeugen wird zum großen Teil über visuelle Reize gesteuert. Ein Forscherteam der Hochschule Schwäbisch Gmünd untersucht seit einigen Jahren, wie man die visuelle Welt durch den Tastsinn ergänzen und diesen beispielsweise in die Interaktion mit Geräten einbinden kann. Heraus kam – neben weiteren spannenden Ideen – der „STT 01 – Small Tactile Transducer“, ein kleines Gerät, das Vibrationen und Einzelimpulse erzeugen kann und Anfang des Jahres international zum Patent angemeldet wurde. Die Technologie-Lizenz-Büro (TLB) GmbH unterstützte die Patentierung und berät nun bei der Vermarktungsstrategie für diesen Impulsaktor.

Da die beiden Erfinder Ron Jagodzinski und Götz Wintergerst noch viele weitere gute Ideen haben, gründeten sie im vergangenen Jahr, Ende 2012, in Schorndorf eine Firma: <link http: www.nuilab.com>www.nuilab.com. Hier bieten die beiden innovativen Designer Beratung im gesamten Bereich haptischer Interfaces und deren multimodalem Zusammenspiel an.  Mit ihrem Unternehmen wollen sie Interface-Systeme entwickeln, die alle Wahrnehmungsmodi des Menschen in Interaktionen integrieren. Die Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd (HfG) hat das Unternehmen nui-lab als erstes Spin-Off der HfG anerkannt.

In ihre jetzige Freiberuflichkeit bringen die Designer ihre langjährige Erfahrung und ihr Wissen ein, das sie in ihrer Tätigkeit an der Hochschule Schwäbisch Gmünd gesammelt haben. Schon seit 2005 wird in Schwäbisch Gmünd zu Fragen der Gestaltung des haptischen Feedbacks von Mensch-Maschine-Interaktionen geforscht. „Tangible Interaction Research“ nennt sich ein Forschungsschwerpunkt der Hochschule für Gestaltung. Dabei geht es vor allem um die Integration von kontextsensitiven und dynamischen haptischen Feedback-Elementen in Interfaces. Wintergerst und Jagodzinski entwickelten als wissenschaftliche Mitarbeiter der Hochschule neben dem Transducer beispielsweise auch den Stift Hap.pen, den sie auf der diesjährigen Hannover Messe zeigten. Dieser Stiftprototyp übersetzt im Zusammenspiel mit berührungssensitiven Bildschirmen ein grafisches Bildelement in ein haptisches Signal.

„Unser mechanisches Handeln beruht auf dem Tastsinn. Der fehlt aber in unseren visuell basierten Interfaces“, so erklärt Ron Jagodzinski den Ausgangspunkt für die Überlegungen, die er mit seinen beiden Kollegen Götz Wintergerst und Peter Giles angestellt hatte, und die letztendlich zu der Erfindung STT 01 geführt hatte. Um die haptische Wahrnehmung in die Mensch-Maschine-Interaktion zu integrieren, wollten sie ein einfaches Konstrukt entwickeln, das über das simple Vibrieren hinausgeht. So entstand der „Small Tactile Transducer“, mit dem sowohl ein mechanischer Impuls erzeugt werden kann als auch eine Vibration, welche in Amplitude und Frequenz unabhängig steuerbar ist.

Durch seine Flexibilität eignet sich das Gerät ideal für mobile Anwendungen und ist hier in vielen Kontexten denkbar. Durch das geringe Baumaß, den hohen Wirkungsgrad und die geringe Leistungsaufnahme kann es vielseitig eingesetzt werden und in elektronischen Geräten für die Erzeugung eines haptischen oder akustischen Feedbacks verwendet werden. Jagodzinski: „Mit dem Aktuator kann man über eine virtuelle Oberfläche streichen und Dinge fühlen, die man sonst nur sehen könnte.“ Die drei Erfinder haben den Aktuator beispielsweise in einen Stift eingesetzt, so dass dann verschiedene Untergründe durch diesen Stift fühlbar wurden. Fühlen könne man damit, so Jagodzinski, die unterschiedlichen Empfindungen, wenn man mit einem Bleistift auf einem glatten Blatt Papier schreibt und dann beispielsweise auf einen unebenen Untergrund wechselt oder aber vom Blattrand abrutscht und den Stift abrupt hochzieht.

Der Impulsaktor kann alle diese Eindrücke vermitteln. Denn der große Unterschied zu anderen ähnlichen Geräten ist die flexible Darstellung der Vibration. Man könne sich das Gerät vorstellen wie einen Lautsprecher ohne Membran, so Jagodzinski. Der Aktuator vibriert durch Schwingungen. Dadurch lässt sich die Vibrationsstärke leicht regulieren. „Bei anderen Geräten kann durch die Kopplung von Frequenz und Amplitude die Vibration nur in Geschwindigkeit und Stärke gemeinsam reguliert werden“, erklärt der Erfinder.  „Durch die Konstruktionsweise des Aktuators ist auch eine hochfrequente, aber dennoch schwache Vibration möglich bis hin zu sehr dynamischen und komplexen Signalverläufen.“

Die Technologie-Lizenz-Büro (TLB) GmbH hat das große Potential dieser Erfindung erkannt und unterstützte daher den kompletten Patentierungsprozess. Dr.-Ing. Hubert Siller betreut das Projekt von Anfang an und ist vom Potential der Erfindung überzeugt. „ Neu ist neben der geringen Baugröße und dem geringen Energiebedarf die Verbindung von flexibel steuerbaren Einzelimpulsen und Vibrationen in einem Aktuator.“ Der TLB-Innovationsmanager kümmert sich seit der Patentierung des Aktuators um die Verwertungsstrategie der Erfindung. „Der Aktuator könnte sehr unterschiedlich eingesetzt werden. Denkbar sind alle Bereiche der Mensch-Maschine-Kommunikation. Durch die geringe Baugröße und den geringen Energiebedarf ist der Aktuator prädestiniert für die Einbindung in mobile Geräte, jedoch nicht auf diese beschränkt.“ Zusätzliche Anwendungsgebiete liegen z.B. im Bereich der Teleoperation oder der Erweiterung von Gamecontrollern.