Manipulation des Begattungsverhaltens senkt Varroa-Population

Gesunder Honig ohne Pestizidrückstände – dieses Ziel stellt Imker angesichts der Varroamilbe jedes Jahr zur Brutzeit der Bienen erneut vor große Herausforderungen. Die Milbe gilt als weltweit größtes Problem der Imker und führt schlimmstenfalls zum Verlust ganzer Bienenvölker. Eine neue Erfindung der Universität Hohenheim, die das Sexualverhalten der Milben manipuliert, bietet erstmals umweltfreundlichen Schutz. Die Technologie-Lizenz-Büro (TLB) GmbH in Karlsruhe arbeitet gemeinsam mit der Universität an der Patentierung und Verwertung der Erfindung.

 

„Das neue Verfahren wird Imkerbetrieben die Möglichkeit geben, auf umweltfreundliche Weise den Fortbestand ihrer Bienenvölker zu sichern und Honig zu produzieren, bei dem keine Rückstände zu erwarten sind“, so Dr. Iris Kräuter, Innovationsmanagerin des Technologie-Lizenz-Büros (TLB).

TLB managt im Auftrag der Universität Hohenheim die Patentierung der Erfindung und sucht Lizenznehmer zur Vermarktung. „Unternehmen aus dem Bereich der Schädlingsbekämpfung können sich hier einen lukrativen Wettbewerbsvorteil sichern, zumal mit der Erfindung ein weltumspannendes Problem gelöst werden kann – allein in der EU sind 14 Millionen Bienenvölker betroffen. Wir haben unsere Patentstrategie darauf abgestellt und die Erfindung international zum Patent angemeldet.“

Das neue Verfahren beeinflusst das Sexualverhalten der Milben und dämmt erfolgreich deren Vermehrung ein, die ausschließlich in den verdeckelten Brutzellen der Bienen stattfindet. Die Erfinder Prof. Dr. Peter Rosenkranz und Diplombiologin Bettina Ziegelmann konnten nachweisen, dass das Milbenmännchen die Weibchen in der Zelle aufgrund von weiblichen Sexualpheromonen aufspürt. Die Wissenschaftler haben ein Verfahren entwickelt, den Lockstoff zu extrahieren und seine Zusammensetzung bestimmt.

Wird der Lockstoff vor der Verdeckelung mit einer einfachen Sprühapplikation in die Brutzelle eingebracht, irritiert dies das Begattungsverhalten des Milbenmännchens derart, dass es seine Fortpflanzung weniger zielgerichtet vornehmen kann: Nicht nur, dass es weniger Begattungsaktivität zeigt als normal, es begattet die Weibchen vielfach auch zum falschen Zeitpunkt, nämlich dann, wenn sie noch nicht geschlechtsreif sind. Mit geschlechtsreifen Weibchen hat es um 60 Prozent weniger Sex als ohne Verwirrtaktik, wobei auch deutlich weniger Spermien übertragen werden. Nicht begattete Milben sind weniger vital und können keine weiteren weiblichen, befruchteten Eier mehr legen. Dadurch tragen sie im folgenden Reproduktionszyklus nicht zur Erhöhung der Milbenpopulation bei.

„Wir erreichen nachweisbar einen signifikanten Verwirreffekt im Begattungsverhalten, der den Varroa-Befall im Bienenvolk deutlich eindämmt“, so Prof. Rosenkranz.

Der Feldversuch bestätigt, dass das Verfahren nicht nur mit dem gesamten Pheromon-Cocktail sondern auch mit einer Einzelkomponente, nämlich der Ölsäure, erfolgreich durchgeführt werden kann. Diese ist relativ preiswert, lebensmittelrechtlich unproblematisch und leicht zu handhaben.

Derzeit wird das Verfahren in Zusammenarbeit mit einem etablierten Spezialisten für Milbenbekämpfung hinsichtlich der Dosierung und der Einbringung in die Brutzelle optimiert.

(Autorin: Dr. Regina Kratt)