F&E-Kooperationen mit der Industrie: Faire Vertragsregelungen im Erfindungsfall

01.11.2005 – Häufig ist in Kooperationsverträgen geregelt, dass die Rechte an entstehenden Erfindungen automatisch und ohne angemessene Gegenleistung auf den Industriepartner übergehen. Derartige Verträge sind unausgewogen zum Vorteil für das Unternehmen und zum Nachteil für die Erfinder bzw. die Hochschulen; sie werden der tatsächlichen Leistung der Hochschulen und Erfinder nicht gerecht. Einseitige Verträge müssen nicht sein. 

Die Wirtschaft finanziert derzeit einen Anteil von rund zehn Prozent der deutschen Hochschul-Forschung. Forschungskooperationen zwischen Hochschulen und Unternehmen tragen längst zur Finanzierung von Lehrstühlen substantiell bei. Für die Industrie sind die Kosten überschaubar, zudem entstehen geringere Kosten als bei einer Eigenentwicklung. 

In der Regel sind im Kooperationsvertrag die Drittmittel als Gegenleistung für die Vornahme bestimmter Forschungshandlungen vorgesehen. Mit der Vergütung wird lediglich die Dienstleistung abgedeckt, für die ein Erfolg weder vereinbart noch geschuldet ist. 

Jegliche schutzfähigen Arbeitsergebnisse stellen eine nicht planbare und zusätzliche Leistung dar, die auch gesondert vergütet werden sollte. Doch wie findet man eine vertragliche Regelung, die im Erfindungsfall alle Seiten angemessen berücksichtigt? 

Kooperationsvertrag mit Erstverhandlungsrecht auf Lizenznahme 

Im Kooperationsvertrag sollte explizit erklärt werden, dass eine an der Hochschule entwickelte und vom kooperierenden Unternehmen einsetzbare Erfindung einen Mehrwert darstellt. 

Vereinbarungen, die der Firma ein sog. Erstverhandlungsrecht auf Lizenznahme einräumen, belassen die Rechte an den Arbeitsergebnissen zunächst bei der Hochschule und befriedigen zugleich die Sicherungsinteressen der Industrie. Entstehen schutzfähige Arbeitsergebnisse, hat der Industriepartner das Recht, als Erster mit der Hochschule über eine Lizenz oder einen Verkauf der Schutzrechte zu verhandeln. 

Eine Einräumung von Rechten an der Erfindung und den Schutzrechten sollte jedoch nur zu marktüblichen Konditionen erfolgen, sprich: gegen angemessene Bezahlung, die sich z. B. an Umsatzgrößen orientieren kann. 

Von dieser Bezahlung hat sowohl die Hochschule als auch die Erfinder etwas – die Erfinder werden mit 30 % an den erzielten Erlösen beteiligt. Hat der Kooperationspartner kein Interesse, kann die Hochschule frei über die Arbeitsergebnisse verfügen und sie beispielsweise anderen Industriefirmen anbieten. 

Lizenzverträge sind im Rahmen der geltenden Gesetze frei aushandelbar und gestaltbar und können den jeweiligen Erfordernissen angepasst werden. 

Im Extremfall – etwa, wenn das Unternehmen der Hochschule hohe Drittmittelsummen bietet und die Forschungskooperation sehr prestigeträchtig ist – wird dem Unternehmen ein Erstverhandlungsrecht häufig nicht genügen. Eine etwaige Übertragungspflicht der Rechte von der Hochschule an das Unternehmen sollte jedoch auch in solchen Fällen eine umsatzabhängige Vergütung beinhalten. 

Im anderen Extremfall – wenn die Gegenleistung des Unternehmens eher gering ist – ist es eher angemessen, dass die Rechte an der Erfindung völlig unbelastet von einem Erstverhandlungsrecht demjenigen zustehen, der die Erfindungsleistung erbracht hat, also dem Erfinder bzw. seinem Arbeitgeber, der Hochschule. 

Unser Rat 

Die dargelegte Lösung des Kooperationsvertrages mit Erstverhandlungsrecht auf Lizenznahme lässt sich unserer Erfahrung nach in der Praxis gut durchsetzen. Die Verhandlungsposition der Hochschulen ist nicht so schlecht wie immer dargestellt, schließlich schätzen die Firmen das Know-how und die personelle wie sachliche Ausstattung der Hochschule als Quelle für Innovationen. Vielfach sind diese speziellen Voraussetzungen von anderer Seite nicht verfügbar.